Die Relevanz der Gendermedizin in der Diagnostik und Behandlung

In den letzten Jahrzehnten hat die Medizin enorme Fortschritte gemacht, doch ein Aspekt wurde lange vernachlässigt: die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede in der Diagnostik und Behandlung. Die Gendermedizin, ein relativ junges Feld, gewinnt zunehmend an Bedeutung und zielt darauf ab, diese Lücken zu schließen.

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin

Männer und Frauen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Anatomie, sondern auch in vielen physiologischen und biochemischen Prozessen. Diese Unterschiede beeinflussen sowohl die Symptome als auch den Verlauf vieler Krankheiten. Ein bekanntes Beispiel ist der Herzinfarkt: Während Männer oft die klassischen Symptome wie starke Brustschmerzen aufweisen, erleben Frauen häufig untypische Beschwerden wie Übelkeit, Rückenschmerzen oder Atemnot. Diese Unterschiede führen oft dazu, dass Herzinfarkte bei Frauen später erkannt und schlechter behandelt werden.

Auch in der Pharmakologie spielen geschlechtsspezifische Unterschiede eine zentrale Rolle. Männer und Frauen reagieren unterschiedlich auf Medikamente, sei es durch unterschiedliche Resorptionsraten, Verteilung im Körper oder Abbauprozesse. Dennoch basieren viele Dosierungsempfehlungen auf Studien, die hauptsächlich mit männlichen Probanden durchgeführt wurden. Dies kann zu einer Über- oder Unterdosierung bei Frauen führen und somit die Wirksamkeit oder Sicherheit der Therapie beeinträchtigen.

Vorteile der Gendermedizin

Die Integration geschlechtsspezifischer Erkenntnisse in die Medizin bietet zahlreiche Vorteile. Erstens können Krankheiten früher und präziser diagnostiziert werden, da die spezifischen Symptome und Risikofaktoren besser bekannt sind. Zweitens ermöglicht sie individuellere Behandlungsansätze, die auf die biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern abgestimmt sind. Dies steigert die Effektivität der Therapie und reduziert Nebenwirkungen.

Ein weiteres Beispiel für die Relevanz der Gendermedizin ist die Psychiatrie. Studien zeigen, dass Frauen doppelt so häufig an Depressionen leiden wie Männer, während Männer ein höheres Risiko für Suchterkrankungen haben. Die Ursachen sind komplex und umfassen hormonelle, genetische und soziokulturelle Faktoren. Durch die Berücksichtigung dieser Unterschiede können effektivere Präventions- und Behandlungsstrategien entwickelt werden.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Trotz der offensichtlichen Vorteile steht die Gendermedizin vor mehreren Herausforderungen. Eine davon ist der Mangel an geschlechtsspezifischen Daten. Viele klinische Studien beinhalten nach wie vor nicht genug weibliche Teilnehmerinnen oder analysieren die Ergebnisse nicht getrennt nach Geschlecht. Ein weiterer Hinderungsgrund ist die mangelnde Sensibilisierung von Ärzten und medizinischem Fachpersonal für die Bedeutung der Gendermedizin.

Die Zukunft der Gendermedizin hängt von verstärkten Forschungsanstrengungen und einer systematischen Integration in die medizinische Ausbildung ab. Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Medizin, Biologie und Sozialwissenschaften ist essenziell, um ein umfassendes Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen.

Wichtige Aspekte für die Betreuung und Begleitung chronisch Kranker

Die Gendermedizin hat einen erheblichen Einfluss auf die Behandlung von chronisch kranken Patienten, da geschlechtsspezifische Unterschiede sowohl die Krankheitsentstehung als auch die Therapieeffektivität beeinflussen. Hier sind einige wesentliche Aspekte, wie die Gendermedizin die Behandlung von chronischen Erkrankungen verbessert:

Individualisierte Therapieansätze

Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Asthma, rheumatoide Arthritis oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen manifestieren sich oft unterschiedlich bei Männern und Frauen. Die Gendermedizin kann helfen, personalisierte Behandlungsansätze zu entwickeln. Beispielsweise reagieren Frauen mit Diabetes anders auf Insulintherapien, und ihre kardiovaskulären Risiken sind bei schlechter Blutzuckerkontrolle besonders ausgeprägt.

Geschlechtsspezifische Symptome und Verlauf

Chronische Erkrankungen verlaufen bei Frauen und Männern oft unterschiedlich. Bei rheumatoider Arthritis, einer Autoimmunerkrankung, sind Frauen häufiger betroffen und erleben oft schwerere Verlaufsformen. Dies erfordert spezifische Therapieanpassungen, wie etwa die Dosierung von immunmodulierenden Medikamenten oder den Zeitpunkt der Behandlung.

Auch wenn es noch eine relativ junge Spart der Medizin ist, kann man trotzdem sagen, dass sie mit Sicherheit einen festen Platz in der aktuellen medizinischen Welt wird und schon ist. Egal welches Geschlecht vorhanden ist - unsere Patienten sind alle individuell und darauf angewiesen, dass das interprofessionelle Behandlungsteam jeden spezifisch auf seine Bedürfnisse diagnostiziert, behandelt und durch den Alltag begleitet.

Artikel Universität Zürich April 2024

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